Nach welchen Regeln und Normen richtet sich der Sprachgebrauch im 18. und frühen 19. Jahrhundert, und (wie) widerspiegeln sich regionalsprachliche Charakteristika im schriftlichen Ausdruck? Noemi Adam-Graf untersucht diese umfassende Gesamtfragestellung exemplarisch am Haus- und Familienbuch der in der Stadt Chur ansässigen Familie Terz. Der Vater Johann Antoni Terz und seine zwei Söhne Luzi und Bernhard haben in diesem Dokument zwischen 1728 und 1811 Ereignisse rund um das familiäre Netzwerk festgehalten. Besonders einzigartig ist an der Quelle, dass die Schreibenden nicht der Oberschicht angehörten, sondern vergleichsweise ungeübte Schreiber waren, und dass ihre Aufzeichnungen einen Zeitraum von fast 100 Jahren dokumentieren.
Im Vortrag stellt Noemi Adam-Graf die Chronik der Familie Terz vertieft vor: Sie erläutert den gesellschaftlichen und sprachlichen Kontext, stellt die drei Schreiber Johann Antoni, Luzi und Bernhard vor und beschreibt die thematischen Schwerpunkte ihrer Chronik. Anschliessend werden die Methodik und erste Forschungsresultate präsentiert. Dabei wird aufgezeigt, ob und wann die Schreiber die Konsonanten doppeln (zum Beispiel in den Varianten namens gegenüber nammens) – eine phonographematische Besonderheit, die seit dem 16. Jahrhundert vermehrt vorkommen konnte. Ausserdem wird anhand des Verbs sterben exemplarisch dargestellt, ob die Schreiber bei der Vergangenheitsbildung die Präteritumsform starb oder die Perfektform ist gestorben bevorzugen.
Mittwoch, 23. April 2025, 17.15 Uhr, Raum 9 am Germanistischen Seminar der Universität Rostock.
Der Vortrag findet im Rahmen des Mare Balticum Fellowships von Noemi Adam-Graf im Rostocker Linguistischen Kolloquium (RoLiKo) statt. Im Rostocker Linguistischen Kolloquium (RoLiKo) werden Forschungsarbeiten der linguistischen Abteilungen der Rostocker Germanistik, Romanistik, Anglistik und Latinistik vorgestellt und diskutiert.
Bildlegende: Die untersuchte Handschrift N 159.020 (Handschrift im Besitz des Stadtarchivs Chur).