Die Studie erforscht, wie der komplexe Charakter der Mehrsprachigkeit Graubündens – das Hauptaugenmerk richtet sich auf das Deutsche, Italienische und Romanische – von Laien im (Alltags-)Diskurs ausgehandelt wird. Mit sogenannten ‚mentalen Karten‘ werden (Sprach-)Wissensinhalte, Überzeugungen und Spracheinstellungen ermittelt. 88 Proband:innen, die in elf Orten im Kanton wohnhaft sind, wurden während eines semistrukturierten Interviews gebeten, auf geografischen Karten ihre Vorstellungen über die sprachlichen Verhältnisse einzuzeichnen und zu kommentieren. Die Untersuchung erweitert die Forschungsperspektiven auf Laienkommentare dahingehend, dass die befragten Laien in einem besonders variationsreichen Raum beheimatet sind.
Die Daten zeigen, dass die Anwendung von wahrnehmungsdialektologischen Methoden in einem mehrsprachigen Kontext komplex, aber ertragreich ist. Einige Forschungsergebnisse können bestätigt werden. Es zeigt sich etwa, dass die Kantonsgrenzen auch in Graubünden die basic-level-Kategorie darstellen (vgl. Christen 2015, Schiesser 2020a). Die mental repräsentierten Räume werden sprachlich umschrieben (vgl. Anders 2010a); gewisse Beschreibungsebenen sind auch dann zugänglich, wenn die Varietät nicht gesprochen wird. Die Umgebung wird oftmals binär eingeteilt, etwa in hinten und vorne oder Norden und Süden (vgl. Schiesser 2020a, 2020b); diese Kategorisierung dient der Legitimierung der sprachräumlichen Einteilung sowie der Identitätsbildung.
Die Untersuchung liefert darüber hinaus auch neue Erkenntnisse. Bei der mentalen Strukturierung des Sprachraums zeigt sich, dass die Topographie des Kantons einen bedeutenden Einfluss auf die Proband:innen hat und sich diese vor allem an den Tälern und Regionen orientieren. Auch Sprachgrenzen werden wahrgenommen: Beim Italienischen stimmen diese mit den naturräumlichen Grenzen überein; beim Romanischen sind die traditionellen Sprachgrenzen mental repräsentiert. Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass sich interindividuelle Befunde ableiten lassen, die Vorstellungen von Sprache aber auch vielfältig und subjektiv sind. Mehrsprachigkeit wird von den befragten Bündner:innen tendenziell als etwas Positives beschrieben und es besteht ein Bewusstsein für das Vorhandensein der unterschiedlichen Varietäten.
Forschungsprojekte
Mobilitäten
2025
Bearb.: Dr. Simon Bundi, Projektleiter;
100 Jahre Motorisierung in Graubünden
Sprachräume
2019–2022
Bearb.: Dr. Susanne Oberholzer / Dr. Oscar Eckhardt / MA Noemi Adam Graf / MA Dominique Caglia
Bildungschancen durch Mehrsprachigkeit an romanischsprachigen Volksschulen
Gesellschaftlicher Wandel vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart
2024
Bearb.: Dr. Cordula Seger / lic. phil. Flurina Graf
Zusammenarbeit: Prof. Dr. Bernhard Tschofen (Universität Zürich) und Prof. Stefan Forster (ZHAW)
CONVIVENZA – Wissenschaft in der Region Partizipative Zugänge zu neuen Formen des Zusammenlebens im Berggebiet
Transnationalität, Netzwerke und Wissenstransfer
2013–2018, 2021–2022
Bearb.: PD Dr. Jan-Andrea Bernhard / Dr. Silvio Margadant
Zusammenarbeit: Kantonsbibliothek Graubünden
Das Buch in Graubünden. Herkunft, Gebrauch, Funktion, Sammlung und Wirkung von Büchern, Buchsammlungen und Bibliotheken in den Drei Bünden
Der Panixerpass – Geschichte einer Verbindung,
2023
Bearb.: lic. phil. Susanne Peter-Kubli
Der Panixerpass – Geschichte einer Verbindung
Wirtschaftsgeschichte
2018–2022
Bearb.: Dr. phil. Mirella Carbone / Mag. phil Joachim Jung
Der Schmuggel an den Grenzen zwischen Engadin/Bergell und der Provinz Sondrio
Sprachräume
2021–2024
Bearb.: lic. phil. Flurina Graf / Dr. phil. Claudia Cathomas
Zusammenarbeit: Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Freiburg und Pädagogische Hochschule Freiburg (IFM)
Die «Diaspora Rumantscha» in der Deutschschweiz: eine Situations- und Bedarfsanalyse
Gesellschaftlicher Wandel vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart
2021–2023
Bearb.: Dr. phil. Adolf Collenberg
Die Bündner Parteien auf der Suche nach Identität und Macht 1880–1939
Kulturerbe Graubünden
ab 2022
Bearb.: PD Dr. phil. Conradin von Planta
Zusammenarbeit: Historisches Institut der Universität Bern, Archives de l’Ancien Évêché de Bâle (AAEB), Staatsarchiv Graubünden, Bischöfliches Archiv Chur
Die Edition der Rechnungsbücher von Hochstift und Bistum Chur unter dem Episkopat Ortliebs von Brandis (1458-1491)
Kulturerbe Graubünden
2020–2026
Bearb.: Dr. phil. Adrian Collenberg
Zusammenarbeit: Staatsarchiv Graubünden und Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins
Die Rechtsquellen der Drei Bünde. Bundstags- und Beitagsprotokolle 1567–1797
Kulturerbe Graubünden
Seit 2009
Bearb.: Cornelia Meier / Luzius Hassler / Dr. Robert Grossmann / Stephan Thomas
Unternehmensstrategien und Netzwerke der Emser Werke im Kalten Krieg
Transnationalität, Netzwerke und Wissenstransfer
2018–2021
Bearb.: PhD Sara Roncaglia
Vites. Voci e vini transfrontalieri
Wirtschaftsgeschichte
2022–2025
Bearb.: Florian Hitz
Vom alpinen Freistaat zum Tourismuskanton – Graubündens Transformation von ca. 1780 bis ca. 1880
Sprachräume
2018–2021
Bearb.: Dr. Noemi Adam-Graf
Zusammenarbeit: Prof. em. Dr. Elvira Glaser, Deutsches Seminar, Universität Zürich, Prof. Dr. Stephan Schmid
Wahrgenommene und gelebte Sprachen- und Dialektvielfalt in Graubünden. Der bündnerische Sprachraum aus wahrnehmungsdialektologischer Sicht
Sprachräume
2021-2024
Bearb.: Dr. phil. Oscar Eckhardt / Dr. phil. Vittorio Dell'Aquila
Zusammenarbeit: Schweizerdeutsches Wörterbuch
Wörterbuch für das Churer Rheintal
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